Wasser – Atlantischer Ozean – 1997 / Bass Museum Miami
Der Tag bricht an. Wind trägt Feuchtigkeit vom Wasser herauf. Staub, Sand, Blätter, Federn fliegen an dem aufgeweichten Teer- und Farbfilm vorbei und setzen sich in der feuchten Oberfläche ab, bilden Strukturen, werden wieder abgespült. Farbtäler werden ausgespült und wieder getrocknet, Spuren entstehen, Trockengebiete breiten sich aus, Schlieren bahnen sich ihren Weg.
In den ersten Tagen der Aktion lagen die Werke an der Küste von Miami, unter freiem Himmel, im Ozean. Von diesem Augenblick an begann der Veränderungsprozess. Die Kunstwerke werden sich verselbständigen. Mit Ihnen wird der Künstler zu einer neuen künstlerischen Aussage gelangen.
Am 23. April 1998 übergab ich drei informelle Werke den Kräften des Atlantiks. Das fließende Wasser hinterlässt auf der Leinwand Spuren, gerinnt so zur Dauer einer neuen, veränderten Erscheinung, Schwebstoffe lagern sich ab, Kleinstlebewesen siedeln sich an. Diese Werke nehmen Natur auf, reduzieren den Eingriff des Menschen und spüren den Eigenheiten der Elemente und ihre Atmosphäre nach. Das Leben schaffende Element Wasser kreiert das Bild, schafft auf der Fläche der Holzplatte eine Momentaufnahme seiner turbulenten Existenz. Und so spiegelt sich in den Bildern eine profunde Begegnung zwischen Natur und Kultur bzw. Kunst wieder, in dem unaufhebbaren Widerspruch von Augenblick und Dauer.
Zehn Tage lang wurden die Exponate im Skulpturenpark des Bass Museums von Miami gezeigt. Der Betrachter hatte somit die Möglichkeit, die Werke in ihrem Urzustand zu erleben – eine Teer- und Öltechnik auf Holz, umschlossen von Eisenkästen. Am 23. April 1998 übergab ich drei informelle Werke den Kräften des Atlantiks.
Rudolf L. Reiter, 2007/Elisabeth Noske